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Das duale Bildungsystem als zentraler Standortvorteil​

Ein Blick auf die Arbeitsmarktzahlen zu Jugendlichen in der Schweiz zeigt Erfreuliches: Das duale Bildungssystem erweist sich für die Erwerbstätigen wie auch für die Gesellschaft als Ganzes als positiv. Der Ausbildungsmix aus «Praktikern» und «Theoretikern» ist nicht nur für unsere Wirtschaft nachhaltig, sondern wirkt sich auch für die jeweiligen Jugendlichen über weite Strecken fördernd auf deren Erwerbskarrieren aus. Schön zu sehen ist der lange anhaltende Nutzen des dualen Bildungssystems bei einem Vergleich der Verläufe von Erwerbskarrieren in der Schweiz und denjenigen in den beiden Nachbarländern Frankreich und Italien, die über kein so etabliertes duales Bildungssystem wie die Schweiz verfügen.

Dr. oec. Simon Wey, Chefökonom Schweizerischer Arbeitgeberverband

Die Arbeitsmarktstatistiken zu Jugendlichen1 zeigen ein überaus positives Bild. So sank die Erwerbslosenquote zwischen 2015 und 2018 dreimal in Folge auf 7,9%. Dies auch im Sog der guten Entwicklung der Gesamtwirtschaft in den letzten Jahren. Eher unerfreulich ist, dass sie 2019 trotz der guten Entwicklung der Gesamtwirtschaft leicht um 0,1 Prozentpunkte zugenommen hat. Fakt ist auch, dass 2018 unter unseren Nachbarländern nur Deutschland mit 6,2% eine tiefere Erwerblosenquote vorwies. Die OECDweit tiefste Quote hatte 20182 Japan mit 3,7%, gefolgt von Island mit 6,0%. Die Erwerbstätigenquote von Jugendlichen in der Schweiz war mit 61,2% 2019 etwas tiefer als 2018, jedoch im Vergleich mit unseren Nachbarländern die mit Abstand höchste. Auch die NEET-Rate («Neither in employment nor in education or training»), die Jugendliche erfasst, die zum Zeitpunkt der Befragung weder einer Erwerbstätigkeit noch einer Aus- oder Weiterbildung nachgingen, ist von 2015 bis 2018 drei Mal in Folge auf 6,0% gesunken. Von den Nachbarländern hatte 2018 einzig Deutschland mit 5,9% eine leicht tiefere NEET-Rate. Die ESL-Rate («early school leavers»), die Jugendliche im Alter zwischen 18 und 24 Jahren erfasst, die keinen nachobligatorischen Abschluss auf Sekundarstufe II ausweisen, lag 2018 bei 4,4%. Sie war indes seit 2014 konstant rückläufig. Alle Nachbarländer hatten 2018 eine um mindestens 2,9 Prozentpunkte höhere ESL-Rate als die Schweiz.

Abnehmende Beliebtheit der Berufsbildung

Das Bundesamt für Statistik (BFS) weist interessante Erkenntnisse zu den Quoten von Erstabschlüssen bei Jugendlichen im Alter bis 25 Jahre aus. Dabei werden Abschlüsse auf Sekundarstufe II nach Berufsbildung (Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis und Eidgenössisches Berufsattest) und nach Allgemeinbildung (Gymnasiale Maturität und Berufssowie Fachmaturitäten) gegliedert. Es zeigt sich, dass die sprachregionalen
Unterschiede hinsichtlich der Abschlussquoten stark variieren: Schlossen in der Kategorie der «deutschsprachigen und rätoromanischen Schweiz» in der Auswertung für die Jahre 2016, 2017 und 2018 71% der Jugendlichen eine Berufsbildung ab, so waren es in der «italienischsprachigen Schweiz» noch knapp 60% und in der «französischsprachigen Schweiz» nur noch gut 48%. Bei Jugendlichen mit Allgemeinbildungen war die Abschlussquote in der «französischsprachigen Schweiz» am höchsten, gefolgt von der «italienischsprachigen Schweiz» und der «deutschsprachigen und rätoromanischen Schweiz». Bei den gymnasialen Maturitäten hatten Jugendliche aus der «italienischsprachigen Schweiz» die höchste Abschlussquote, gefolgt von Jugendlichen aus der «französischsprachigen Schweiz» und der «deutschsprachigen und rätoromanischen Schweiz». Die mit knapp 73% höchste Abschlussquote bei Berufsbildungen hatten in der Schweiz geborene ausländische Jugendliche, gefolgt von in der Schweiz geborenen Schweizer Jugendlichen. Die höchste Abschlussquote bei Allgemeinbildungen wiesen die im Ausland geborenen Schweizer Jugendlichen (knapp 33%) aus. Es folgten die in der Schweiz geborenen Schweizer Jugendlichen.
Spannend ist auch die Tatsache, dass die Berufsbildung bei den Jugendlichen umso beliebter ist, je ländlicher sie leben. So hatten fast 73% der Jugendlichen in ländlichen Regionen einen Abschluss einer Berufsbildung, während es in städtischen Gebieten nur gut 61% waren. Ein konträres Bild bieten die Zahlen zu den Allgemeinbildungen.
Betrachtet man die Entwicklung der Ausbildungswahl wiederum gegliedert nach «Berufsbildung» und «Allgemeinbildung », so zeigt sich, dass die Berufsbildung bei Jugendlichen zunehmend an Beliebtheit verliert. In der Erhebung, die jeweils für drei aufeinanderfolgende Jahre gemacht wird, ist der Anteil der Jugendlichen, die sich für eine Berufsbildung entschieden, seit 2011 kontinuierlich zurückgegangen. So lag er in der Auswertung für die Jahre 2016, 2017 und 2018 bei 68%. Im selben Mass stieg der Anteil der Jugendlichen, die sich für eine Allgemeinbildung entschlossen.

Standortvorteil duales Bildungssystem

Der grosse Standortvorteil der Schweiz durch das duale Berufsbildungssystem zeigt sich deutlich an den Zahlen zur Arbeitsmarktteilnahme. In der Grafik 1 sind die Arbeitskräfte im Alter zwischen 15 und 34 Jahren für das Jahr 2018 in die vier Altersklassen «15 bis 19 Jahre», «20 bis 24 Jahre», «25 bis 29 Jahre» und «30 bis 34 Jahre» unterteilt. Ausserdem wurde nach den beiden Kriterien «erwerbstätig» und «ohne Stelle» sowie «in Ausbildung» und «nicht in Ausbildung» unterschieden. Die Konstellation «ohne Stelle» und «nicht in Ausbildung» entspricht der obenerwähnten NEET-Rate.